Viele Abzweigungen mit schönen Lichtungen dahinter – SHE Works! Magazin, Juli 2020

Dagmar Wöhrl. Viele Abzweigungen mit schönen Lichtungen dahinter. Karriere auf Umwegen / Juli 2020 SHE!
Foto © privat

Wie definieren Sie Erfolg?
Im Laufe der Jahre habe ich immer wieder festgestellt: Erfolg ist nur ein Nebenprodukt von Leidenschaft und Hartnäckigkeit, anders gesagt – von Feuer und Disziplin. Man muss für eine Sache brennen und dran bleiben, dann stellt sich der Erfolg meist ganz von alleine ein. Auch ein Quäntchen Glück kann natürlich nicht schaden. So war das bei mir – ob Politik, karitatives Engagement oder Tierschutz, ich war immer voll und ganz dabei, mit allem drum und dran. Einstein hat mal gesagt, „Holzhacken ist deshalb so beliebt, weil man bei dieser Tätigkeit den Erfolg sofort sieht.“ Nun, in der Politik muss man eher dicke Bretter bohren, da sieht man den Erfolg nicht sofort…

Was zeichnet Sie aus?
In meiner Arbeit, aber auch im privaten Umgang habe ich mich immer gern an Franz Josef Strauß gehalten: „Man muss einfach reden, aber kompliziert denken – nicht umgekehrt.“ Im öffentlichen Leben ist leider das Gegenteil beliebt – einen schwachbrüstigen Gedanken so üppig in Worte zu kleiden, dass er wenig aussagt, aber schick aussieht…
Ich finde, man darf die Menschen weder unterschätzen noch manipulieren. Meine drei heiligen Regeln sind daher: Sachlich. Verständlich. Direkt. Man glaubt es nicht, wie gut Menschen mit einer direkt, sachlich und verständlich vorgetragenen Wahrheit – und sei sie noch so unbequem und explosiv – umgehen können! Die Leute hungern nach Authentizität. Wenn ich meinen Kommunikationsstil mit einem Wort beschreiben müsste, dann wäre es: schnörkellos. Wie meine Hosenanzüge, die ich bei der Arbeit mit Vorliebe trage… Ich bin damit immer gut gefahren.
Was mich noch auszeichnet? Ich mag keine Halbherzigkeit – entweder ganz oder gar nicht, wenn ich für eine Sache kämpfe.

Wer oder was ist Ihr Motor?
Mein Fluch und Segen zugleich ist: Ich kann nicht ruhig sitzen. Da ist irgendwo ein kleines Kraftwerk in mir, das ständig Energie produziert und Tag für Tag irgendwelche Ideen in die Pipeline speist… Mir fehlt die „Zuschauermentalität“. Ich muss immer mitmischen. Das hatte mich seinerzeit dazu bewogen, in die Politik zu gehen. Viel Kraft und Energie gibt mir aber auch meine Familie, ich bin durch und durch Familienmensch.

Straighter Weg oder Ab- zweigungen – wie verlief Ihr Berufsweg bisher?
Also, die Berufspfade waren schon verschlungen, da gab es viele Abzweigungen, aber es kam immer eine schöne Lichtung dahinter.
Als Anwältin und Unternehmerin kam ich damals als Quereinsteigerin in die Politik. Wichtig waren mir schon immer auch mein karitatives Engagement, meine Emanuel-Stiftung, der Tierschutz. Und jetzt bin ich auch als „Löwin“ unterwegs. Das mache ich gern, denn Gründer sind Menschen, die frische Ideen haben, um die Ecke denken, bunt denken, sich nicht beeinflussen lassen vom Mainstream. Die Sendung hat eine große Strahlkraft – für mich als ehemalige Wirtschaftspolitikerin ist diese Art des Entertainments die Fortsetzung der Wirtschaftspolitik mit anderen Mitteln. 😉

Gibt es Rollenbilder in Ihrem Alltag, denen Sie gern entkommen möchten?
Einem „Rollenbild“ bin ich schon am Anfang meiner Karriere entkommen: Als Neuling im Bundestag wollte man mich als Frau gleich im Familienausschuss einsetzen. Frauen gingen damals meist in frauentypische Ausschüsse wie Soziales, Familie und Gesundheit. Dem habe ich mich energisch widersetzt, denn ich wollte meine Erfahrungen als Unternehmerin einbringen – da-her ging ich in den Wirtschaftsausschuss und wurde später Staatssekretärin im Bundeswirtschaftsministerium.
Heute ist gottlob alles anders. Die Stereotypen werden weniger. Was ich sehr erfreulich finde: Viele Männer nehmen Elternurlaub und widmen sich dem gemeinsamen Kind.

Welche eigene Erfahrung geben Sie anderen Frauen als Tipp mit auf den Weg?
Auf meinem Weg als Unternehmerin und Politikerin habe ich schon immer Frauen ermutigt, sich politisch und unternehmerisch zu engagieren. Und Chancen zu ergreifen! Immer noch sind Frauen oft zögerlich und zu selbstkritisch. Edisson hat mal gesagt: „Es ist besser, unvollkommen anzupacken als perfekt zu zögern.“ Ich bin überzeugt: Wir brauchen mehr Frauen in Spitzenpositionen, damit die Welt besser wird! Frauen können strategisch denken und handeln. Sie können durchaus mit Macht umgehen. Im Unter- schied zu Männern – weniger „lustvoll“, oft erfrischend uneitel und unaufgeregt. Sie neigen seltener dazu, sich an der eigenen Stimme zu berauschen, sind eher produktiv und sachlich. Das imponiert mir sehr. Dass Frauen von Natur aus talentiert sind
in Kommunikation und soziale Kompetenz – das wusste man ja schon früher.

Mein Tipp: Trauen Sie sich, groß zu denken! Packen Sie es an! Scheitern Sie glorreich, aber kapitulieren Sie nicht! Denken Sie daran: Erfahrungen sind die Summen unserer Fehler. Machen Sie Fehler! Nur so werden Sie besser. Und erfolgreicher. Und denken Sie daran, was ein kluger Mensch mal gesagt hat: „You miss 100 % of the shots you don‘t take“.
Zum Schluss meine Glücksformel: Wenn man tut, was man kann und mag, was man tut – dann geht es einem gut.

SHE Works! Magazin
Juli 2020 SHE!
www.she-works.de