„Die Höhle der Löwen“-Star Dagmar Wöhrl Über ihren Mann: „Die Tiefen haben uns noch mehr zusammengeschweißt“ – Bunte.de, 31.08.2020

"Die Höhle der Löwen"-Star Dagmar Wöhrl Über ihren Mann: "Die Tiefen haben uns noch mehr zusammengeschweißt" - Bunte.de, 31.08.2020„Die Höhle der Löwen“-Star Dagmar Wöhrl kennt die Aufs und Abs, die das Leben mit sich bringt. BUNTE.de traf Wöhrl in Berlin, die trotz so manchem Schicksalsschlag nie aufgegeben hat.
Dagmar Wöhrl (66) ist eines der Gesichter der beliebten Gründershow „Die Höhle der Löwen“. Doch sie ist noch so viel mehr: ehemalige Politikerin, Unternehmerin, Tierschützerin, Trägerin des Bundesverdienstkreuzes am Bande und Trägerin von zahlreichen Ehrenämtern, ein paar davon hat sie mittlerweile abgegeben.

Im Gespräch mit BUNTE.de sagt Wöhrl: „Manchmal habe ich das Gefühl, ich trage ein Kraftwerk in mir, das zu viel Energie produziert.“ Das Interview findet in ihrem Büro in Berlin statt, einer schönen Altbauwohnung mit Stuckdecken in Charlottenburg.

 

Doch das Leben hat Höhen und Tiefen, auch Dagmar Wöhrl musste sie erleben. Als es um den Tod ihres Sohnes geht, hat sie Tränen in den Augen. Ihr jüngster Sohn Emanuel starb 2001 mit zwölf Jahren aufgrund eines tragischen Unfalls. Auf die Frage, ob sie in ihrem Leben rückblickend etwas anders gemacht hätte, sagt sie: „Schwer zu sagen. Aber oft frage ich mich, ob ich in die Politik gegangen wäre, wenn ich gewusst hätte, dass mein Sohn nur zwölf Jahre alt werden darf.“

Enges Verhältnis des „Höhle der Löwen“-Stars zu seiner Mutter
Corona hat auch eine viel beschäftigte Frau wie Dagmar Wöhrl gezwungen, einen Gang runterzuschalten. Untätig auf dem Sofa lag sie nicht rum. „Ich habe ein bisschen mehr gekocht (lacht). Ansonsten habe ich das gemacht, was sonst immer liegen bleibt: Aktenablage, Sachen ordnen, Keller entrümpeln. Ich habe sogar die alten Schulbücher von meinen Kindern sortiert.“ Ihre geliebte Mutter konnte sie während des Lockdowns kaum sehen: „Das Schwierigste für mich war, dass ich meine 95-jährige Mutter nicht besuchen konnte. Sie lebt noch immer in ihrem Zuhause und wird von einer Pflegekraft betreut. Da sie schlecht hört, war es nicht einfach, ihr Corona und die damit verbundenen Gefahren zu erklären. Um sie zu schützen, habe ich sie einmal ganz vermummt besucht. Da hat sie ganz erstaunt geschaut. Ihre traurigen Augen, als ich sie nicht umarmt habe, sehe ich noch immer vor mir.“ Dagmar Wöhrl ist Einzelkind, ihre Mutter war für die ausgebildete Juristin immer ein Vorbild: „Sie war aktiv bis ins hohe Alter. Selbständigkeit und Unabhängigkeit hat sie mir vorgelebt.“

Dagmar Wöhl: „Das Gesicht Deutschlands wird sich verändern“
Aber keine Frage, wirtschaftlich hat bei Dagmar Wöhrl, ihrem Mann, dem Unternehmer Hans Rudolf Wöhrl (72), und dem ältesten Sohn Marcus Wöhrl (35), der auch im Unternehmen arbeitet, Corona seine Spuren hinterlassen. „Die Aussichten für die Hotel- und Gastronomiebetriebe sind trüb. Wir werden sicherlich noch viele Schließungen erleben, das ist jetzt schon vorhersehbar. Das Gesicht Deutschlands wird sich verändern. Ich sehe es tagtäglich bei meinem Sohn bei seinem Kampf um das Überleben seiner Dormero-Hotelgruppe. Für die Größenordnung seines Unternehmens gab und gibt es leider keine staatlichen Zuschüsse in dieser Krise. Es sind ja nicht nur die Business-Reisen weggebrochen, auch Messen und Großveranstaltungen finden nicht mehr statt.“ Der Ausfall der letzten Monate sei nicht mehr aufholbar. Auch mit den Einzelhandelsgeschäften wie Wöhrl und dem Kaufhaus Ludwig Beck in München seien sie stark betroffen gewesen. Corona ist sicherlich eine sehr schwere Krise, doch Dagmar Wöhrl schaut positiv nach vorne, gerade weil sie ein Familienunternehmen sind: „Man hat Verantwortung den Mitarbeitern gegenüber. Wir sind trotzdem zuversichtlich und halten als Familie zusammen.“

Ex-Politikerin über ihren Mann: „Es war für ihn bestimmt nicht immer einfach“
Ihr Mann ist ihr Fels in der Brandung, 1984 heirateten sie. „Ich bin bis heute überzeugt, den richtigen Mann geheiratet zu haben. Er ist jemand, auf den man sich hundertprozentig verlassen kann. Er stand immer hinter meinen Entscheidungen, auch wenn es für ihn bestimmt nicht immer leicht gewesen ist.“ Damit meint sie, dass sie nach der Geburt der Kinder auch weiter gearbeitet hat, denn auf sie wartete neben der Arbeit als Juristin die Politik. 1990 zog sie in den Nürnberger Stadtrat ein, später war sie in Bonn, zum Schluss in Berlin. In den Sitzungswochen darf man schließlich nicht fehlen. In die Politik kam sie mit einem großen Erfahrungsschatz, da leitete sie schon die Rechtsabteilung des Familienunternehmens in Nürnberg, nebenbei hatte sie noch ihr eigenes kleines Unternehmen. Mangelnde Disziplin kann man Dagmar Wöhrl nicht vorwerfen: „Anscheinend war ich schon als Jugendliche sehr diszipliniert, das behauptet zumindest meine Mutter von mir“, erzählt sie.

Ihren Rückzug aus der Politik besprach Dagmar Wöhrl mit ihren Mitarbeitern
Dagmar Wöhrl lacht viel, wenn sie spricht. Das Strahlen geht dann über ihr ganzes Gesicht, besonders wenn sie an ihre Zeit als Vorsitzende des Ausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung denkt: „Ich habe viel Elend und Leid auf meinen vielen Reisen in den Flüchtlingslagern gesehen, dennoch war es eine erfüllende Zeit für mich, helfen zu können. Im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit aktiv zu sein, ist nicht immer einfach, aber ich möchte die Zeit nicht missen. Man wird permanent mit neuen spannenden Themen konfrontiert, die die Zukunft unserer Gesellschaft betreffen. Dabei lernt man auch viele spannende Menschen kennen, wie z. B. Bill und Melinda Gates, die mich des Öfteren in meinem Büro besucht haben, um über aktuelle Projekte zu sprechen.“ Bis 2017 übte sie diese Funktion aus, als sie sich dann aus der Politik zurückzog, traf sie diese Entscheidung nicht alleine. „Viele meiner Mitarbeiter waren über zehn Jahre bei mir. So war es für mich selbstverständlich, mit Ihnen auch das Ende meiner politischen Laufbahn zu besprechen.“
Schaut man auf ihrer Homepage in ihren Lebenslauf, übt die Unternehmerin immer noch zehn ehrenamtliche Funktionen aus, unter anderem ist sie Präsidentin des Tierschutzvereins Nürnberg-Fürth. „Ich konnte immer schlecht Nein sagen. So kamen viele Ehrenämter zusammen, die natürlich auch ihre Zeit in Anspruch nahmen. Inzwischen habe ich mich auf das konzentriert, was mir besonders am Herzen liegt.“

Geistiger statt körperlicher Sport
Aber was macht Wöhrl, wenn sie mal freihat? „Leider bin ich nicht sportlich. Einmal hatte ich für eine kurze Zeit einen Personaltrainer. Da aber immer wieder Termine dazwischenkamen, habe ich es aufgegeben. Wenn ich Zeit habe, schwimme ich sehr gerne oder gehe im Wald spazieren. Das muss dann reichen.“ Ihre Assistentin, die während des Gesprächs dabei ist, sagt: „Wenn man geistigen Sport als Sport sehen würde, wäre sie auf jeden Fall Leistungssportlerin.“ Wöhrls Gedankenkarussell rattert permanent, sie hat in ihrem Leben immer Leistung gezeigt und auch erbracht, wie eine Getriebene wirkt sie nicht. Aber wer als ehemalige „Miss Germany“ schön und intelligent zugleich ist, muss sich sicherlich auch noch einmal mehr beweisen. Erst recht in einer Partei wie der CSU, bei der Frauenförderung nicht gerade an oberster Stelle steht. „Für meinen Wunsch, im Wirtschaftsausschuss aktiv zu werden, hatten sie ursprünglich nur ein Lächeln übrig. Am Ende habe ich mich aber durchgesetzt“, sagt sie.

Seit 2017 ist Wöhrl nun eine der Investorinnen in der VOX- Gründershow „Die Höhle der Löwen“. Ein Umstand war für sie anfangs ungewohnt: „In der Show selbst hast du nur sehr wenig Zeit, oft bist du nicht der einzige Interessent und es kommt dann zu einer Kampfabstimmung zwischen den Löwen. Für mich war das eine ganz neue, gewöhnungsbedürftige Situation. Plötzlich musste ich den Gründer überzeugen, dass ich der bessere Löwe bin.“ Viele hätten sie auch nur als Politikerin gekannt und nicht gewusst, dass hinter ihr ein Familienunternehmen im Bereich Bekleidung, Hotels und Gastronomie stehe.

„Höhle der Löwen“-Investoren können auch ihr Veto einlegen
Ein unfaires Verhalten von Gründern, die ihre Idee in der TV- Show vorstellen, mag Wöhrl gar nicht: „Leider kommt es aber auch immer wieder vor, dass Gründer in die Sendung kommen, die eine utopische Bewertung für ihr Start-up aufrufen, wobei man dann sehr schnell merkt, dass überhaupt kein Investment gewünscht wird, sondern nur die Sendezeit optimal genutzt werden will. Das ist ein unfaires Verhalten gegenüber anderen Gründern, denen man die Chance auf einen Auftritt nimmt und somit auch auf einen dringend benötigten Investor.“ Als Löwen hätten sie dann aber auch das Recht zu sagen, dass sie diese Ausstrahlung nicht möchten.

Dagmar Wöhr über den Tod ihres Sohnes: „Das Leben hat sich verändert“
Im Mai wurde Dagmar Wöhrl 66 Jahre alt. Auf die Frage, ob sie in ihrem Leben rückblickend etwas anders gemacht hätte, wird sie nachdenklich. Es wird der emotional schwerste Teil, über den sie nun sprechen wird, denn sie sagt: „Schwer zu sagen. Aber oft frage ich mich, ob ich in die Politik gegangen wäre, wenn ich gewusst hätte, dass mein Sohn nur zwölf Jahre alt werden darf?“ Damit meint sie ihren jüngeren Sohn Emanuel, der kurz vor seinem 13. Geburtstag im Jahr 2001 aufgrund eines tragischen Unfalls starb. Emanuel kletterte damals aufs Dach, weil die Nachbarn eine Party feierten und er schauen wollte, was da los ist. Er verlor das Gleichgewicht, stürzte sechs Meter in die Tiefe und schlug auf den Terrassenfliesen auf. „Das Leben hat sich verändert. Von heute auf morgen ist nichts mehr, so wie es war. Es dauert eine gewisse Zeit, bis man erkennt, dass man nach vorne schauen muss, dass man Verantwortung hat für seine Familie, für den anderen Sohn. Aber aus dem tiefen Loch, in das man immer wieder hineingezogen wird, wieder herauszukommen, kostet viel Kraft. Auch heute noch.“ Als sie das erzählt, kämpft sie mit den Tränen, die Assistentin holt das Taschentuch. Aber wem würde das nicht nahe gehen?

„Trauer bleibt ein unberechenbarer Begleiter“
Wöhrl hat ihren Weg gefunden, den Tod zu verarbeiten: „Die Trauer bleibt ein unberechenbarer Begleiter. Ich habe wahnsinnig viel über das Leben nach dem Tod gelesen, viele Bücher darüber aus der Antike. Wir alle beschäftigen uns ungern mit diesem Thema, obwohl wir wissen, dass wir eines Tages mit Sicherheit damit konfrontiert sein werden. Die Auseinandersetzung mit dem Tod hat mir persönlich die Angst davor genommen.“ Ihr Mann dagegen habe sehr viel geschrieben, Briefe an Emanuel. Und dann gab es ja noch den älteren Sohn Marcus, um den man sich auch kümmern musste, Wöhrl sagt dazu: „Es war für ihn immens schwierig. Er war ja gerade erst 15 geworden. Aber auch er hat einen Weg gefunden, seinem Bruder ein Andenken zu schaffen. Er hat eine Fußballmannschaft mit Freunden von Emanuel gegründet. Bis vor zwei Jahren haben sie noch gespielt.“

Dagmar Wöhrl lenkte sich mit Arbeit ab
Wöhrl lenkte sich nach seinem Tod mit Arbeit ab. „Ich habe versucht, so schnell wie möglich wieder in einen täglichen Arbeitsrhythmus zu kommen. Sicher waren die ersten Tage zurück in der Politik auch nicht so einfach. Jeder wollte mir sein Beileid bekunden. Aber die Politik ist ein schnelllebiges Geschäft und so ging das auch vorbei.“ Als Familie seien sie zusammengerückt. In Gedenken an ihn gründeten sie die Emanuel-Wöhrl-Stiftung, diese setzt sich für Kinder in Entwicklungsländern und in Deutschland ein. Mit der Gründung der Stiftung hätten viele Aids-Waisen aus Afrika eine Chance auf ein besseres Leben bekommen, so Wöhrl. Viele von ihnen würden mittlerweile studieren oder einen Beruf erlernen. Auf ihr Leben blickt Dagmar Wöhrl positiv und dankbar zurück: „Grundsätzlich bin ich ein zufriedener Mensch. Ich habe großes Glück in meinem Leben gehabt.“

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Martina Bay
31. August 2020